Digitale Maßschneiderei
Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Autor und Coverdesigner?

Entwicklungsgeschichtlich bedingt ist der Mensch visuell ausgerichtet. Wir hätten es vermutlich nicht so weit nach oben in die Nahrungskette geschafft, wenn es den Urmenschen nicht innerhalb von sehr kurzer Zeit möglich gewesen wäre, einzuschätzen, ob ein Tier, das auf sie zukam, dazu geeignet wäre, um als Abendessen zu dienen, oder sie womöglich selbst als seine nächste Mahlzeit betrachtete. Der sogenannte »erste Eindruck« ist auch heute noch ein probates Mittel, um Entscheidungen zu treffen. Hierbei wird das, was wir mit den Sinnen aufnehmen, innerhalb von kürzester Zeit an unseren Glaubenssätzen, Vorlieben und Abneigungen vorbeigeführt, um die Entscheidung zu bewirken, ob wir uns überhaupt noch weiter damit beschäftigen wollen.
 
Buchcover bilden dabei selbstverständlich keine Ausnahme. Auch hier wird dem geneigten Besucher von Bibliotheken, Buchhandlungen oder Online-Stores eine Fülle von Informationen präsentiert, aus der er - möglichst ohne stundenlang zu stöbern - ein für ihn geeignetes Lesefutter herausfiltern will. Und da es niemals eine zweite Chance für einen ersten Eindruck gibt, sind zwei Dinge gefragt: Auffallen und Interesse wecken.
 
Auffallen kann auf vielfältige Art und Weise möglich gemacht werden - durch die Farbwahl, durch Schriftgröße oder -art, durch bestimmte Bilder. Aber Auffallen, um des Auffallens Willen ist auch nicht zielführend. Was nutzt es zum Beispiel, durch ein hauptsächlich in Schwarz gehaltenes Cover im Bereich Chick-Lit ohne Zweifel aufzufallen, wenn man damit eines der Grundprinzipien dieses Genres außer Acht lässt? Leser dieser Geschichten wollen auf leichte, augenzwinkernde Art unterhalten werden. Das würden sie durch die Farbe Schwarz ganz bestimmt nicht repräsentiert sehen. Ähnlich verhielte es sich sicherlich mit der Farbe Pink im Genre Horror usw.
 
Die Gestaltung eines Covers, das beide Aufgaben erfüllt, ist damit ein Job, den sich nicht jedermann zutraut. Und das zu Recht. Ich gebe zu, dass ich mich bei der Veröffentlichung meines ersten Romans zunächst selbst an der Erstellung eines Covers versucht habe, da ich meinte, mir die Ausgaben für einen Cover-Designer nicht leisten zu können. Es entstand ein ganz nettes Bild, das mir allerdings schon nach kurzer Zeit nicht mehr so recht gefiel, weshalb ich letztendlich doch den Weg zu einem Profi wählte. Zusammen mit Isa fand ich schließlich ein Design, das mir nicht nur gefiel, sondern auch noch bestens dazu geeignet war, als Grundlage des Designs einer ganzen Reihe zu dienen. Dieser Punkt war eine von vielen wichtigen Informationen, die ich in der Zusammenarbeit mit ihr erhielt.
 
Als ich vor kurzem auf die Zielgerade bei der Veröffentlichung meines ersten Krimis einschwenkte, war mir dementsprechend klar, dass ich auch hier wieder ihre Dienste in Anspruch nehmen wollte.
 
Und los ging’s:
Ich schickte Isa zunächst den Klappentext und die zwei ersten Kapitel des Romans, damit sie vielleicht in der Lage wäre, sich in die Grundstimmung einzufinden, und gab ihr schließlich noch eine kurze Inhaltsangabe zur Information über relevante Punkte der Story.
Zurück kam ein weiterer wichtiger Hinweis, nämlich dass allzu szenisch dargestellte Cover - besonders, wenn dort eine Szene aus der Geschichte gezeigt wird - auf einen Anfänger hinweisen.
Die obligatorische Frage, ob mir ein Bild im Kopf herumschwirrt, wollte ich gerade mit »Nee, deswegen hoffe ich ja, dass dir was einfällt.« beantworten, als mir tatsächlich doch etwas in den Sinn kam. Mir waren in letzter Zeit recht häufig Cover aufgefallen, die kein erkennbares Motiv, sondern eigentlich nur Text beinhalteten.
 
Schneller, als ich es erwartet hatte, kamen die ersten beiden Entwürfe:
Die Farbgebung von Nummer 1 hatte mich sofort. Das Grün und Rot auf Schwarz wollte ich unbedingt haben.
Allerdings gefiel mir bei Nummer 2 die »technischere« Darstellung besser.
Insgesamt wurde aber auch schnell klar, dass es bei einem dermaßen kurzen Titel schwer werden würde, ein »Nur Titel«-Cover zu erstellen.
Ich hatte beschlossen, zunächst einmal darüber zu schlafen, um hoffentlich danach mehr Klarheit zu haben, in welche der Richtungen ich weitergehen wollte. Kurz darauf kam noch eine weitere Grundidee, da ich Isa gegenüber etwas von »Datenströmen« gesprochen hatte.
Diese Variante fiel jedoch sofort aus, weil mir die Darstellung des Titels und des Autorennamens in Großbuchstaben definitiv besser gefiel und der Entwurf auch viel zu leer wirkte.
 
Aber mein Interesse am Weitermachen war geweckt, so dass ich ihr noch eine Idee schickte: Was wäre, wenn man die Farbgebung von Nummer 1 einfach mit der Darstellungsweise von Nummer 2 kombinierte?
Während wir daraufhin über die Positionierung der Elemente auf der Seite sprachen, musste ich aus einem unerfindlichen Grund an das Spiel »Tetris« denken, so dass ich - der Eingebung entsprechend - etwas von »den Namen stapeln« und »quadratisches Format« murmelte.
Heraus kam dieser Entwurf und ich war sofort verliebt.
Trotzdem stellte sich mir ein Problem. Obwohl mir die ungewöhnliche Positionierung des Autorennamens durchaus gefiel, bewirkte sie doch, dass der obere Bereich des Covers damit ziemlich leer aussah.
 
Auch war es insgesamt etwas zu dunkel - bei aller Liebe meinerseits zur Farbe Schwarz.
 
Und ein bisschen mehr »Technik« durfte es für meinen Geschmack auch noch sein.
Wiederum kein Problem - tatsächlich freute sich Isa sogar darüber, dass sie dieses Motiv, das sie sich vor einiger Zeit einmal zugelegt hatte, endlich sinnvoll verwenden konnte.
Meine Begeisterung wuchs immer mehr. Auch wenn ich zu Anfang überhaupt keine Vorstellung davon gehabt hatte, welches Kleid meine Geschichte tragen sollte, so hat das relativ kurze Brainstorming doch ein Ergebnis erzielt, welches ich mir nicht besser wünschen konnte.
 
Lediglich eine kleine Idee hatte ich noch:
 
Die Ersetzung der Schrift für die Genre-Bezeichnung durch »Leetspeek« - einem Alphabet, bei dem die üblichen Buchstaben durch ähnlich aussehende, aber ansonsten in keinem Zusammenhang stehende, Zeichen ersetzt werden.
Nach wenigen Stunden war vollbracht, was ich mit eigenen Mitteln niemals bewerkstelligt hätte: ein maßgeschneiderter Anzug für meine Story.
 
Mir ist klar, dass es nicht immer so schnell gehen kann, aber genau wie ein richtiger Schneider einfach Techniken beherrscht, die einem Laien nicht geläufig sind, so haben auch Coverdesigner technische Möglichkeiten, die in keinem normalen Haushalt mal eben so herumstehen - ganz abgesehen vom professionellen Blick und der Erfahrung.
 
Fazit: Auch wenn ich mir noch keine Maßanzüge für mich selbst leisten kann, für meine Geschichten sind sie ein Muss.
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